Ein Hund wird aus seinem sozialen Gefüge genommen und in eine neue Welt gepackt. Alles, was bisher war, ist jetzt nicht mehr. Geblieben ist nur die erlernte Weise der Verständigung. Die eigene Sprache muß genauso erlernt werden, wie es gelernt wird, unser Kauderwelsch zu analysieren. Je nach dem, wie sehr sich der Mensch bemüht, gelingt es dem Hund auch. Nein, er versteht uns nicht, aber er lernt, daß bestimmte Laute bestimmte Dinge von ihm fordern, und vor Allem lernt er, in unserer Körpersprache zu lesen. Vor Allem das, was wir ihm gar nicht mitteilen wollen.
Das gilt ebenso für den Welpen, der mit wenigen Wochen von der Mutter genommen wird, wie für den älteren Hund, der in ein neues Zuhause kommt. In beiden Fällen muß der Hund lernen, sich neu anzupassen. Darin sind Hunde wahre Künstler. Sie beobachten ihre Umgebung und lernen aus unserem Verhalten, wie die Spielregeln im neuen Rudel sind. Auch dann, wenn wir ihm nichts beibringen- und vor allem dann- lernt der Hund sich einzuordnen. Und zwar nach der Art, die für ihn seiner Meinung nach die vorteilhafteste ist. Er hält sich an alles, was ihm angenehm erscheint und meidet, was ihm nicht wohl bekommt.
Dazu gehört z.B. auch, Herrchen oder Frauchen zu meiden, wenn sie schon mehrmals gerufen haben und üblicherweise so langsam in Zorn verfallen. Nein, es ist nicht einladend, der Aufforderung einer fluchenden Person nachzukommen. Dazu gehört auch, uns aus dem Weg zu gehen, weil sich die Mine verzieht, wenn die geplünderte Mülltüte entdeckt wird. Nein, mit schlechtem Gewissen hat das nichts zu tun, sondern mit Vermeidungstaktik. Der Hund spürt ja, dass Ärger im Verzug ist- warum auch immer (er weiß nichts von seinem unerwünschten Handeln). Und wenn das öfter vorkommt, dann lernt der Hund, dass es (warum auch immer) Stress bedeutet, wenn man nach Hause kommt. Wird das Haus verlassen, hat er schon Stress, weil die Heimkehr ja unausweichlich ist. Davon bekommt Hund noch mehr Stress- und den baut er dann wieder an der Mülltüte ab. Solange er damit beschäftigt ist, ist ja alles gut. Er lernt, dass diese Art der Beschäftigung ihm Luft macht und tut es darum immer wieder.
Der Hund lernt auch, sich zu setzen, wenn Frauchen es ihm sagt, weil sie auf jemand anderen trifft, mit dem sie ein paar Worte wechselt. Er lernt aber auch, dass Frauchen zwar Sitz gesagt hat, dann aber nicht mehr darauf achtet, wenn Hund wieder aufsteht. Und der lernt, dass Anweisungen nicht bindend sind. Frauchen wundert sich, warum der Hund an der Strasse nicht solange sitzen bleibt, bis sie weitergeht. Der Hund lernt auch, wenn wir Ball spielen- ja, immer werfen wir ihm den Ball weg, dem er so gerne nachläuft, er braucht ihn nur wieder vor die Füße legen, und der Mensch macht. Wenn nicht, ein bisschen bellen, dann klappt´s schon. Der Hund lernt auch, dass wir uns um ihn kümmern, wenn er sich etwas eingetreten hat- er ist in der Lage zu simulieren, damit wir uns um ihn kümmern.
Der Hund lernt, dass sein Besitzer Angst vor anderen Hunden hat, denn jedes Mal, wenn die ins Spiel kommen, wird ein Bogen gemacht, die Leine strafft sich, die Situation ist angespannt. Der Hund lernt, dass es rausgeht, wenn wir sein Halsband in die Hand nehmen, er lernt, dass es Essen gibt, wenn seine Schüssel ins Spiel kommt. Er lernt, dass er (kaum größer als ein Kaninchen) in der Lage ist, den Briefträger zu vertreiben, denn jedes Mal, wenn er sich ins Zeug legt, verschwindet der auch gleich wieder-er weiß nicht, dass der sowieso weiter muß. Der Hund lernt. Und zwar alles Sachen, die wir ihm gar nicht beigebracht haben. Wieviel leichter ist es doch, seinen Hund so zu lenken, dass er uns ein angenehmer Begleiter ist, wenn man weiß, wie der Hund lernt. Jedes Fehlverhalten geht zurück auf fehlendes Verständnis für die Welt aus der Sicht des Hundes, der von Anfang an damit zu tun hat, sich so anzupassen, dass sein Leben für ihn optimal verläuft. Sorgen wir dafür, haben wir auch in der Hand, wie sich der Hund bei uns macht. Ein Wechsel der Perspektive legt hierfür den Grundstein. Leute, beschäftigt Euch intensiv mit der Wahrnehmung Eurer Hunde ! Mein Anliegen für heute, danke…
J. Wiesenberg
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